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Die rasanten technologischen Innovationen der letzten Jahre haben die Relevanz traditioneller Zentralbanken auf die Probe gestellt. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel betont die Notwendigkeit einer Anpassung an die digitale Revolution, insbesondere durch die Einführung digitaler Währungen.
Die Herausforderung der digitalen Transformation
Joachim Nagel erklärte kürzlich auf einer Konferenz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, dass die Zukunft der Zentralbanken ungewiss sei. Vor zwanzig Jahren hätte man noch nicht daran gedacht, dass das Geschäftsmodell der Zentralbank gefährdet sein könnte. Heute jedoch sieht Nagel dringenden Handlungsbedarf. Er hob hervor, dass die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) ein wichtiges Werkzeug sein könnte, um das Geschäftsmodell der Zentralbanken zu modernisieren und zu sichern.
Der digitale Euro als neues Kernprodukt
Nagel unterstrich die Notwendigkeit, das Projekt des digitalen Euros zu beschleunigen. Angesichts des schwindenden Interesses an Bargeld, selbst im traditionell bargeldaffinen Deutschland, müsse über ein neues Kernprodukt nachgedacht werden. Der digitale Euro, so Nagel, soll eine Ergänzung zu bestehenden Zahlungsmitteln darstellen und nicht das Zahlungsverhalten überwachen, sondern sicher und bequem sein.
Während sich die öffentliche Diskussion oft auf Retail-CBDCs (Einzelhandels-Zentralbank-Digitalwährungen) konzentriert, die Verbrauchern direkten Zugang zu digitalem Zentralbankgeld ermöglichen, betonte Francois Villeroy de Galhau, der Chef der französischen Zentralbank, die Bedeutung von Wholesale-CBDCs (Großhandels-Zentralbank-Digitalwährungen). Diese zielen darauf ab, die Effizienz von Zahlungen zwischen Banken und der Zentralbank zu steigern, möglicherweise unter Nutzung der Blockchain-Technologie. Fabio Panetta, Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB), und der Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Hyun Song Shin, bestätigten diese Tendenz und wiesen auf die zunehmende Bedeutung von Wholesale-CBDCs hin.
Sicherer und nicht-kommerzieller Ansatz
Nagel betonte, dass der digitale Euro sicher und nicht für kommerzielle Zwecke nutzbar sei. Der E-Euro würde den Nutzern Anonymität gewähren und könnte vielfältig eingesetzt werden, von Online-Einkäufen bis hin zu Transaktionen mit Behörden. Diese neue Form des Zentralbankgelds würde zudem den stationären Handel durch niedrigere Transaktionsgebühren und sofortige Zahlungseingänge unterstützen.
Der Bundesbankpräsident sieht keine Konkurrenz zwischen dem digitalen Euro und Initiativen wie der European Payments Initiative (EPI). Vielmehr könnten sich beide ergänzen. Durch die Integration des digitalen Euros in Systeme wie das geplante „Wero“-Wallet könnte die Abhängigkeit von außereuropäischen Zahlungsinfrastrukturen reduziert werden. Trotz Bedenken der Deutschen Kreditwirtschaft, dass der digitale Euro Bankeinlagen ersetzen könnte, versicherte Nagel, dass das Eurosystem diese Bestände nicht verzinst und eine Haltegrenze einführt.
Insgesamt deutet alles darauf hin, dass die Zentralbanken ihre Rolle als Stabilitätsanker im Finanzsystem beibehalten wollen, während sie sich den Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation stellen. Der digitale Euro könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen, um die Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität des europäischen Zahlungsverkehrs zu sichern.